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Bewertung der Wasserqualität der Vuachère in Lausanne

17. November 2023, Thema: Aquatische Ökotoxikologie

Bewertung der Wasserqualität der Vuachère in Lausanne

In der Vuachère wurden zahlreiche Mikroverunreinigungen nachgewiesen, die teilweise aus der Einleitung von ungereinigtem Abwasser stammen. Diese Stoffe wie das Medikament Ibuprofen, das Herbizid Diuron und die Insektizide Diazinon, Fipronil, Chlorpyriphos und Fenpropathrin bringen ökotoxikologische Risiken mit sich.

Die Lausanner Wasserbehörde hat im Stadtfluss Vuachère zahlreiche Stoffe nachgewiesen, die aus Abwasser stammen. Das, obwohl es im Einzugsgebiet keine Abwasserreinigungsanlagen gibt. Dies deutet auf eine Verschmutzung mit ungereinigtem Abwasser hin, das durch falsche Anschlüsse oder undichte Leitungen in die Vuachère gelangt. Diese Situation soll in den kommenden Jahren verbessert werden. Um einen Referenzzustand zu ermitteln und damit zukünftige Verbesserungen beurteilen zu können, wurde die Wasserqualität der Vuachère mit chemischen und ökotoxikologischen Methoden bewertet – die Stadt Lausanne hat dafür mit dem Oekotoxzentrum und der Universität Lausanne zusammengearbeitet.

Die Vuachère entspringt im Nordosten von Lausanne, durchfliesst die Stadt in einem Waldkorridor und mündet schliesslich in den Genfersee. Das Einzugsgebiet der Vuachère besteht hauptsächlich aus Siedlungsflächen, von denen zahlreiche Schadstoffe durch Regen ausgewaschen und in den Fluss gespült werden. Durch die landwirtschaftlich genutzten Gebiete im Oberlauf des Hauptzuflusses Flon sind auch Einträge von Pflanzenschutzmitteln möglich.

Zahlreiche Mikroverunreinigungen nachgewiesen

Um den Fluss genauer zu untersuchen, wurden von Mai bis Juli 2022 an drei Standorten – im Oberlauf, beim Zufluss des Flon und bei der Mündung in den Genfersee – Mischproben genommen und anschliessend chemisch analysiert und mit einer umfassenden Biotestbatterie untersucht. Insgesamt setzten die Forschenden acht Biotests ein, die zahlreiche Schadstoffeffekte abdecken (siehe Tabelle). «Die meisten dieser Tests sind sehr praxistauglich und wir empfehlen sie zur Untersuchung von Fliessgewässern mit diversen Belastungen», sagt Cornelia Kienle vom Oekotoxzentrum.

Parallel dazu wurden die Proben auf 161 Mikroverunreinigungen untersucht, darunter Pflanzenschutzmittel, Biozide, Arzneimittel, Süssstoffe und PFAS. «62% der analysierten Stoffe haben wir in der Vuachère tatsächlich nachgewiesen», sagt Vincent Gregorio von der Stadt Lausanne. «Am häufigsten waren dies der Süssstoff Acesulfam K, das Diabetesmedikament Metformin und das Insektenabwehrmittel DEET.» Da auch andere Medikamente wie Irbesartan, Hydrochlorothiazid und Diclofenac gefunden wurden, bestätigt dies, dass der Fluss tatsächlich durch ungereinigtes Abwasser belastet wird.

Toxisches Risiko durch verbotene Insektizide und Ibuprofen

Um das Risiko der gefundenen Stoffe für Wasserorganismen zu bestimmen, verglichen die Experten die gemessenen Konzentrationen für jeden Stoff mit dem jeweiligen Umweltqualitätskriterium, also der Konzentration, ab der eine toxische Wirkung auf Wasserorganismen möglich ist. Ist das Verhältnis aus der gemessenen Konzentration und dem Umweltqualitätskriterium grösser als eins, so besteht ein Risiko für toxische Wirkungen. «Das höchste Risiko haben wir für die bereits verbotenen Insektizide Clorpyriphos und Diazinon, das Herbizid Diuron, die Biozide Fipronil und Imidacloprid, die bereits eingeschränkte PFOS (Perfluorooktansäure) und die Medikamente Ibuprofen und Paracetamol gefunden», berichtet Vincent Gregorio.

Besonders Wasserpflanzen und Wirbellose betroffen

Diuron war das einzige Herbizid, das ein chronisches Risiko für toxische Wirkungen mit sich brachte. Bei den Medikamenten zeigte Ibuprofen an allen drei Standorten über fast die gesamte Probenahmeperiode ein Risiko. Die gemessenen Konzentrationen an Ibuprofen können das Überleben und die Entwicklung von Wasserorganismen wie zum Beispiel Zuckmückenlarven beeinträchtigen. Für PFOS war die Konzentration an einem Standort höher als das chronische Umweltqualitätskriterium des Oekotoxzentrums. Dieser Wert beruht auf dem Risiko einer Vergiftung von Vögeln durch das Fressen von belasteten Fischen. PFOS liegt also in der Vuachère in Konzentrationen vor, die sich in Fischen anreichern können.

Das Risiko durch die gemessenen Einzelstoffe lässt sich für jede Organismengruppe aufsummieren, um das Risiko durch die Stoffmischung zu berechnen. Das akute Risiko war meist akzeptabel (siehe Abbildung). Häufig gab es ein chronisches Risiko für Wasserpflanzen und Wirbellose und dadurch eine schlechtere Wasserqualität. Verantwortlich dafür waren dieselben Substanzen, die bereits als Einzelstoffe ein Risiko darstellten und in der Mischung als Treiber der Toxizität wirken.

Indikatoren für das Risiko der gefundenen Substanzmischung für jede Artengruppe (RQAmix, RQCmix) über die drei Monate der Probenahme (Uhrzeigerrunde) an jedem Standort. Links das akute Risiko und rechts das chronische Risiko.

Empfindliche Tests mit Zellkulturen

Die ökotoxikologischen Bewertungen stimmten gut mit den chemischen Messungen überein. An zwei Standorten wurde im Algentest die Photosynthese gehemmt, was mit dem Nachweis des Herbizids Diuron korrelierte. Die in vitro CALUX® Biotests mit genetisch veränderten Zellkulturen gaben für mindestens einen Standort eine potentielle Toxizität an, besonders hoch war diese bei den Tests für oxidativen Stress und die Metabolisierung von Fremdstoffen.

Die in vivo Tests mit Zebrafischembryonen und Wasserflöhen zeigten keine Toxizität. Dies steht im Einklang mit der chemischen Analyse. Denn obwohl Insektizide gemessen wurden, waren die Konzentrationen zu niedrig, um in diesen Tests direkte Auswirkungen auf die verwendeten Arten zu beobachten. «Die ökotoxikologischen Tests waren eine nützliche Ergänzung der chemischen Analysen und haben es uns erlaubt, ein besseres Bild der Wasserqualität in der Vuachère zu gewinnen», sagt Vincent Gregorio.

Die aktuelle Studie diente zur Erfassung des Referenzzustandes. In den kommenden Jahren soll die Vuachère saniert und die Abwassereinleitungen beseitigt werden. In einigen Jahren sollen die Untersuchungen wiederholt werden, um zu überprüfen, ob diese Massnahmen einen positiven Einfluss auf die Wasserqualität hatten.

 

Mehr Informationen

Gregorio, V., Khajehnouri, F., Chèvre, N., Kienle, C., Pointet, L., Savioz, A., & Barbier, S. (2023). Évaluation écotoxicologique d'une rivière avant remédiation. Determiner un état de référence de la pollution. Aqua & Gas, 103(7-8), 62-73  Institutional Repository

Kontakt

Dr. Cornelia Kienle
Dr. Cornelia Kienle E-Mail Kontakt Tel. +41 58 765 5563

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