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Haben Holzschutzmittel eine Wirkung auf Bodenorganismen?

13. November 2015, Thema: Bodenökotoxikologie

Haben Holzschutzmittel eine Wirkung auf Bodenorganismen?

Um Holz als Baumaterial vor Pilz- und Bakterienfäule zu schützen, werden verschiedene Biozide eingesetzt. Durch direkten Kontakt oder durch Auswaschung können die Biozide in den Boden gelangen, wo sie ein potenzielles Risiko für die Bodenorganismen und damit für die Bodengesundheit darstellen. Das Oekotoxzentrum hat untersucht, wie giftig in der Schweiz häufig eingesetzte Wirkstoffe in Holzschutzmitteln auf Bodenorganismen wirken.

Sophie Campiche

Holz ist ein natürliches Baumaterial, das sowohl in Innen- als auch im Aussenbereich von Bauwerken verwendet wird. Es unterliegt einem Alterungs- und Abbauprozess und kann von holzfressenden Insekten, Braun- und Weissfäulepilzen sowie Schimmel befallen werden. Um Qualitätsverluste zu reduzieren und Störfalle zu vermeiden, ist es von Nutzen, das Holz gegen diese biologischen Angriffe zu schützen. Zu diesem Zweck werden Holzschutzmittel eingesetzt, also Biozid-Produkte, die üblicherweise eine Mischung aus 2 oder 3 Wirkstoffen aus der Familie der Insektizide oder Fungizide enthalten. Die Wahl des jeweiligen Produktes hängt vom biologischen Risiko ab, dem das Holz ausgesetzt ist. In der Schweiz setzt man Metallsalze, quaternäre Ammoniumsalze, Carbamate und Triazole zum Schutz von Hölzern im Aussenbereich ein, die Witterungseinflüssen ausgesetzt sind und in direktem Kontakt mit dem Boden stehen können (z.B. Fassaden, Terrassen, Absperrungen oder Pfähle). Weil die Stoffe auf der Holzaussenseite aufgebracht werden, ist es möglich, dass sie in den Boden ausgewaschen werden. Die Bodenorganismen können also potentiell durch diese Stoffe beeinträchtigt werden.

Genehmigung und Verwendung biozider Wirkstoffe

Bevor die in Holzschutzmitteln verwendeten Wirkstoffe auf dem Markt eingeführt und genutzt werden können, müssen sie zunächst von den schweizerischen oder europäischen Behörden beurteilt und genehmigt werden. Zu diesem Zweck müssen nicht nur Daten über den Eintrag der Stoffe in die Umwelt bereitgestellt werden, sondern auch Daten zu ihre Toxizität für Nichtzielorganismen. Trotzdem sind derzeit nur wenige Angaben über die Toxizität der Stoffe für Bodenorganismen verfügbar. Es gibt auch fast keine Informationen über die Umwelttoxizität der Substanzen, wenn sie in Mischung im Holzschutzmittel vorliegen, oder über die Umweltkonzentrationen von Substanzen, die in den Boden ausgewaschen werden.

Wie steht es um die Bodenorganismen?

Um sich einen Überblick über die aktuelle Situation der Böden zu verschaffen, hat das schweizerische Bundesamt für Umwelt das Oekotoxzentrum und das Institut für Werkstoffe und Holztechnologie der Berner Fachhochschule beauftragt, eine Literaturstudie durchzuführen und gegebenenfalls durch eine Studie über die potentielle Toxizität von Holzschutzmitteln für Bodenorganismen zu ergänzen. Dazu führten die Wissenschaftler zunächst eine Marktanalyse durch, um die in der Schweiz vorwiegend verwendeten Produkte zu identifizieren. In der Schweiz sind zwar insgesamt 32 Wirkstoffe für eine Anwendung in Holzschutzmitteln zugelassen, doch etwa 75% der Einträge wurden durch lediglich 7 Wirkstoffe verursacht (Stand August 2014). Bei diese Substanzen handelt es sich um Iodocarb (IPBC), Propiconazol, Permethrin, Tebuconazol, Borsäure, quaternäre Ammoniumsalze und Kupfersalze, die alle ausschliesslich für die Behandlung von Holz im Aussenbereich verwendet werden.

Auf dieser Grundlage wurden vier Holzschutzmittel ausgewählt, die nach ökotoxikologischen Gesichtspunkten beurteilt werden sollten: Zwei der Produkte enthielten IPBC oder Propiconazol als einzigen Wirkstoff, das dritte (CuCrB) eine Kombination der Wirkstoffe Borsäure und Kupfer(II)-hydroxid mit Chrom als Bindemittel und das vierte (Quats) eine Mischung aus Kupfer(II)-karbonat, Kupfer(II)-hydroxid, Didecylpoly(ethox)ethylammoniumborat (DPAB) und Borsäure. Für die Wirkstoffe IPBC und DPAB, die ausschliesslich als Biozide eingesetzt werden und im Prinzip nicht direkt in den Boden eingetragen werden, zeigte die Literaturstudie, dass Informationen über ihre Toxizität für Bodenorganismen entweder vollkommen fehlten oder lediglich allgemein für Mikroorganismen, Pflanzen und Regenwürmer verfügbar waren. Für Wirkstoffe aus der Klasse der Metalle oder Metalloide wie Kupfer, Chrom oder Bor, die für verschiedene andere Anwendungen eingesetzt werden oder für Umweltbelastungen bekannt sind, gibt es dagegen umfassende Toxizitätsdaten für andere Bodenorganismen wie Springschwänze (Collembolen) oder Enchyträen. Es existieren keine Literaturdaten zur Toxizität von Substanzmischungen.

Toxizitätstests mit Bodenorganismen

Um zusätzliche Daten zur Toxizität der Substanzen oder Substanzmischungen auf Bodenorganismen zu erhalten, untersuchten die Wissenschaftler des Oekotoxzentrums die Fortpflanzung von Collembolen der Art Folsomia fimetaria und das Vermeidungsverhalten von Regenwürmern der Art Eisenia andrei in ISO- oder OECD-standardisierten Biotests. Dazu wurden die Organismen in Kontakt mit Böden gebracht, die zuvor mit unterschiedlichen Mengen der Substanzen oder mit Substanzmischungen versetzt worden waren.

Die Organismen reagierten auf unterschiedliche Art und Weise auf die getesteten Produkte. Für IPBC ergaben die Biotests, dass die Substanzkonzentrationen, bei denen die Fortpflanzung der Collembolen um 50% gehemmt wurde oder 50% der untersuchten Regenwürmer den Boden vermieden (EC50), einander sehr ähnlich waren und etwa 35 mg IPBC pro kg Bodensubstanz betrugen. In der Literatur fand sich für Regenwürmer nur eine LC50, das heisst die Konzentration, die für 50% der getesteten Organismen tödlich ist, von über 1000 mg/kg, was einer etwa 30-fachen Konzentration entspricht. Dieser Parameter wird jedoch als weniger empfindlich eingestuft als das Verhalten der Würmer. Für IPBC wurde in der Literatur keine Angabe zur Collembolentoxizität gefunden. Propiconazol beeinflusste das Verhalten der Würmer (CE50) bei einer Konzentration von 50 mg/kg Bodensubstanz. Diese Konzentration liegt in der Spanne der zwei Toxizitätswerte, die für den Regenwurm aus der Literatur entnommen wurden. Collembolen waren dreimal weniger empfindlich gegenüber Propiconazol als Regenwürmer. Auf Basis der erhaltenen Ergebnisse und der Kriterien zur Klassifizierung der Umweltrisiken werden IPBC und Propiconazol in die Toxizitätskategorie „schädlich“ für Regenwürmer eingestuft.

Bei beiden Holzschutzmitteln, die aus einem Wirkstoffgemisch bestanden, wurde eine stark toxische Wirkung auf Regenwürmer beobachtet. Für CuCrB betrug die EC50 11 mg/kg, für die Quats 47 mg/kg. Diese Konzentrationen waren 20-Mal geringer als für die Collembolen. In beiden Fällen war die Toxizität der Substanzmischung wesentlich stärker als die jeweilige Toxizität der Einzelwirkstoffe (Literaturangaben). Darüber hinaus scheint Chrom eine wichtige Rolle für die Toxizität der Mischung CuCrB zu spielen. Cr wird allerdings nicht als eigenständiger Wirkstoff des Holzschutzmittels betrachtet und in Studien über den Eintrag der Substanzen durch Auswaschung nicht immer berücksichtigt. Über im Boden gemessene Umweltkonzentrationen der ausgewählten Wirkstoffe bei behandeltem Holz konnten keine Angaben gefunden werden.

Forschungsperspektiven

Die Literaturstudie bestätigt, dass es nur sehr wenige Informationen über die Toxizität der in Holzschutzmitteln enthaltenen Wirkstoffe für Bodenorganismen gibt. Daher sollten die Untersuchungen zur Ergänzung der fehlenden Informationen fortgesetzt werden. Ausserdem sollten Wirkstoffmischungen, die in der Schweiz häufig in Holzschutzmitteln verwendetet werden, einer näheren Kontrolle unterzogen werden, so wie das im Gemisch CuCrB enthaltene Chrom. Die Toxizität von Holzschutzmitteln, die durch Auswaschung in den Boden gelangen, sollte ebenfalls in Mikrokosmen oder unter Feldbedingungen näher untersucht werden.

Sophie Campiche arbeitet beim Oekotoxzentrum als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Bodenökotoxikologie. 

Weitere Informationen zu diesem Thema sowie den Projektbericht finden Sie unter folgendem Link 

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