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Neonikotinoide - schädlich für Bodentiere ?

22. November 2016, Thema: Bodenökotoxikologie Risikobewertung

Neonikotinoide - schädlich für Bodentiere ?

Die Neonikotinoide Imidacloprid und Clothianidin wurden im Boden von Zuckerrüben-, Weizen- und Maisfeldern sowie von ökologischen Ausgleichflächen nachgewiesen. Die Toxizität der Stoffe für die nützlichen Springschwänze wurde bestimmt. Es zeigte sich, dass die gemessenen Konzentrationen ein potenzielles Risiko für die Springschwanzgesundheit darstellen.

Neonikotinoide sind die Insektizide, die weltweit am häufigsten eingesetzt werden. Bauern schätzen die Pflanzenschutzmittel vor allem wegen ihrer systemischen Wirkung: Sie werden über die Wurzeln aufgenommen und in die Blätter transportiert und schützen so die ganze Pflanze vor beissenden und saugenden Insekten. Doch die Stoffe unterscheiden nicht zwischen Schädlingen und Nützlingen. Wegen ihrer toxischen Wirkung auf Honigbienen haben Neonikotinoide besondere Aufmerksamkeit erhalten und stehen in Verdacht, für das Bienensterben mitverantwortlich zu sein. Sie werden hauptsächlich als Saatgutbeizmittel eingesetzt, und mehr als 80% der dafür einsetzten Neonikotinoide gelangen in den Boden. Daher sind die Substanzen potenziell auch für Nichtziel-Organismen im Boden schädlich, die eine wichtige Rolle für den Nährstoffkreislauf und die Bodenfruchtbarkeit spielen: Ein Beispiel sind die Springschwänze. Nun hat die "Biogéosciences" Masterstudentin Gilda Dell’Ambrogio von den Universitäten Lausanne und Neuchâtel am Oekotoxzentrum erforscht, welche Wirkung Neonikotinoide auf Springschwänze der Art Folsomia fimetaria haben.

Springschwänze testen Neonikotinoidmix

Zunächst untersuchte Gilda Dell’Ambrogio, wie sich Neonikotinoide auf die Mortalität und die Vermehrung der Springschwänze auswirken. Dazu versetzte sie einen landwirtschaftlichen Referenzboden mit definierten Konzentrationen von zwei der am häufigsten eingesetzten und potenziell gefährlichsten Neonikotinoide der Schweiz, Imidacloprid und Clothianidin. Ausserdem verwendete sie eine Mischung der zwei Substanzen. Die Toxizität der beiden Neonikotinoide war vergleichbar: Der EC10, also der Wert, bei dem 10% des maximalen Effekts auf die Vermehrung der Springschwänze auftrat, lag für Imidacloprid bei 0.109 mg/kg Boden und für Clothianidin bei 0.115 mg/kg Boden. Der LC10, also der Wert, bei dem 10% der Tiere starben, lag bei 0.134 mg/kg für Imidacloprid und bei 0.139 mg/kg für Clothianidin. In der Mischung summierte sich die Toxizität der Einzelstoffe, und das Modell der Konzentrations-Additivität beschrieb die Wirkung der Neonikotinoidmischung recht gut.

Weiterhin testete Gilda Dell’Ambrogio die Toxizität von Bodenproben verschiedener landwirtschaftlicher Kulturen, nämlich Proben von 11 Zuckerrüben-, Weizen- und Maisfeldern der Romandie und Deutschschweiz. Proben wurden sowohl von den Feldern als auch den ökologischen Ausgleichflächen und den Feldsäumen im Juni nach der Aussaat genommen. Alle Proben wurden auch chemisch analysiert, um die Bodenkonzentrationen der Neonikotinoide zu bestimmen.

Potentielles Risiko für Nichtziel-Bodenorganismen

In allen Bodenproben sowohl der Felder, als auch der Feldsäume und ökologischen Ausgleichsflächen wurden Clothianidin und Imidacloprid nachgewiesen: Dies, obwohl ihre Anwendung auf Maisfeldern seit dem Neonikotinoid-Moratorium von 2013 verboten ist, die Anwendung von Clothianidin auf Weizenfeldern nur in der zweiten Jahreshälfte erlaubt ist und die ökologischen Ausgleichsflächen schon seit mindestens 2 Jahren existierten. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Stoffe im Boden persistent sind und/oder sich während der Anwendung auch ausserhalb der Felder verbreiten. 

Die im Feld genommenen Bodenproben zeigten keine toxische Wirkung auf die Fortpflanzung und Mortalität der Springschwänze. Die Neonikotinoid-Konzentrationen in diesen Proben waren jedoch teilweise nur 5 bis 8 mal kleiner als die toxischen Einzelstoff-Konzentrationen für die Springschwänze. Eine erste Risikobewertung zeigte, dass die im Feld gemessenen Neonikotinoid-Konzentrationen ein potenzielles Risiko für die Mortalität und Vermehrung von Springschwänzen darstellen. Dies gilt besonders, wenn mehrere Neonikotinoide gleichzeitig vorhanden sind.

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